Neuglobsow – Die Verabredung zum Tauchen ist um 11.00, nun ist es 11.00 Uhr. «Gaaanz entspannt», sagt Ralf. Ralf ist Ralf Zichert, Geschäftsführer der Tauchbasis am Großen Stechlinsee im Norden Brandenburgs. Man duzt sich in der Szene. Und hat einen relativen Zeitbegriff.
Denn Eile kostet Atem, und Atem ist bare Zeit. Jedes Bar in der Flasche zählt. «Lass uns in einer halben Stunde treffen», sagt Ralf. Währenddessen macht sich eine Gruppe von Tauchern in aller Gemächlichkeit bereit. Ein Mann verdreht seinen Oberkörper wie eine Schlingpflanze, bis seine Arme endlich den Weg in den Neopren-Anzug finden. Nach und nach präparieren sich weitere Hobbytaucher für den Besuch bei Barsch, Hecht, Rotfeder, Schleie oder Plötze, den am häufigsten anzutreffenden Fischen.
Dann kriecht auch Ralf in seinen Trockenanzug. Er reibt die Manschetten mit Talkum ein und schlendert durch das Stück Buchenwald, das den See umgibt. Das Gewässer und die Gegend stehen unter Naturschutz, nur innerhalb eines Korridors dürfen die Froschmänner ihrem Hobby nachgehen.
Tauchen in Binnengewässern folgt eigenen Regeln. Zum einen gibt es weniger Auftrieb als im salzigen Meerwasser. Zum anderen taucht man quasi immer unter winterlichen Bedingungen. «Nahezu alle Binnengewässer in Deutschland sind Kaltwassertauchgebiete, auch im Sommer», erläutert Frank Ostheimer vom Verband Deutscher Sporttaucher (VDST). Vom Kaltwassertauchen spricht man, wenn die Wassertemperatur zehn Grad Celsius unterschreitet. Das ist in üblichen Tauchtiefen oft das ganze Jahr so.
Von Wasser umgeben, zeigt sich ein weiterer Unterschied zum Tauchen im offenen Meer. Seen haben einen Jahreszyklus, und der Stechlin, einer der klarsten Seen in Deutschland, ist gerade dabei sich umzuschichten. Anstelle der acht oder gar zehn Meter erhofften Sicht, ist das Wasser so trübe, dass die Taucher durch ihre Maske nur anderthalb bis zwei Meter weit spähen können. Ein paar Wochen später wären sie besser dran gewesen.
Unter Wasser knacken die Ohren, der Druck steigt. Grün glimmt mal auf, wenn die Sonne aufs Wasser trifft, der mit Seegräsern bewachsene Boden ist sandig. Sediment wirbelt umher. Jetzt ist Konzentration gefragt. «Zwei, drei Flossenschläge genügen, und man verliert sich», stellt Ralf fest, als es einmal soweit ist, und alle auftauchen müssen, weil man sich verloren hat.
Ein kleiner Schwarm Rotfedern zischt beim nächsten Abtauchen vorbei. Viel mehr soll es an diesem Tag nicht sein – bis auf eine Begegnung kurz bevor es wieder hoch geht, das Finimeter zeigt nur noch 30 bar. Unverhofft schiebt sich ein Kaventsmann von Hecht am Grund entlang, der scheinbar unbeteiligt in die Gegend glotzt. Der Hecht tritt im Trüben so unerwartet auf die Bildfläche, dass sogar eine kleine Schrecksekunde im Spiel ist.
«Wir haben natürlich ein bisschen Pech gehabt», sagt Ralf später, als alle wieder im Trockenen sind. Zu seinen Glücksmomenten zählt er die Begegnung mit einem Schwarm von rund 30 großen Barschen.
Info-Kasten: Großer Stechlinsee
Anfahrt: Der Große Stechlinsee liegt rund 80 Autokilometer vom Berliner Stadtzentrum entfernt im Norden Brandenburgs. Mit der Bahn reist man bis Fürstenberg (Havel) und steigt dort in den Bus um.
Tauchen: Ein Tauchgang inklusive Flaschenfüllung und Ausrüstung kostet bei der Tauchbasis Stechlin 27,50 Euro, hinzu kommt eine Basisgebühr von 5 Euro. Es gibt auch günstigere Paketpreise (www.tauchbasis-stechlinsee.de).
Unterkunft und Gastronomie: Im Ort Neuglobsow gibt es mehrere Fremdenzimmer und Pensionen. Auch in der Tauchbasis kann man übernachten, ab 17 Euro pro Person. Am See betreibt die Fischerfamilie Böttcher eine Fischgaststätte.
Internet: www.ruppiner-reiseland.de , www.stechlin.de , www.vdst.de/umwelt/projekte/tauchseen-portal.html
Fotocredits: Ralf Zichert,Ralf Zichert,Stefan Weißenborn,Stefan Weißenborn,Stefan Weißenborn,Stefan Weißenborn,Stefan Weißenborn,Stefan Weißenborn
(dpa)
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