Der Jutebeutel, der bis vor einigen Jahren noch als alles andere als modern oder angesagt galt, hat sich inzwischen zum absoluten Must-have unter den Modeaccessoires entwickelt und dient zugleich als Erkennungsmerkmal des hippen Szenemenschen.
Es ist noch nicht lange her, da war es äußerst peinlich, wenn Mutti einen mit dem 35 mal 43 Zentimeter großen Stoffsack in die Schule schickte, während die anderen Kinder mit ihren fancy Turntaschen aus bunten Kunstofffasern mächtig Neid erzeugten. Besonders schlimm traf es diejenigen, die von ihren 68er-Eltern auch noch mit Beuteln inklusive Sprüchen à la „Jute statt Plastik“ ausgestattet und für Propaganda-Zwecke missbraucht wurden. Wer hätte damals schon gedacht, dass aus dem verhassten Stück ungebleichter Unannehmlichkeit noch einmal ein weltweiter Trend entwachsen würde!
Der Jutebeutel: Praktisch, ökologisch und modern
Die Modedesignerin Eva Gronbach entdeckte 1998 den Jutebeutel für ihre Kollektion „Liebeserklärung an Deutschland“ für sich und war eine der ersten, die es wagte, den Naturfaserbeutel seiner staubigen Nische zu holen und ihn als Modeaccessoire anzusehen. Nach und nach folgten weitere Modeschöpfer und Labels und verschickten ihre Kollektionsteile in den simplen Baumwolltaschen mit Schriftzügen und Markenlogos. Und so kam es, dass der schon fast totgeglaubte Jutebeutel ein Comeback erlebte und mehr Popularität erlangte, als ihm jemals zuvor zuteil wurde.
Vom Underground zum Mainstream
Der Trend zu mehr Umweltbewusstsein spielt beim Siegeszug des Jutebeutels wohl maßgeblich eine wichtige Rolle – Bio ist inzwischen cool und wird nicht mehr ausschließlich mit Batikshirts und Birkenstock assoziiert.
Die einfache Tragetasche aus Nesselstoff wurde von den trendbewussten Fashionkids besonders euphorisch in Empfang genommen, war sie doch so provokant unprätentiös und ein willkommenes Accessoire, das so stark nach Understatement aussah, wie kaum ein anderes.
Momentan scheint es jedoch, als habe der Jutebeutel seinen Höhepunkt erreicht. In einem schleichenden Prozess hat er sich zu dem gewandelt, was er doch partout niemals sein wollte: Ein Statussysmbol. Aushängeschild der Hipster, die inzwischen ja auch mehr und mehr den Rückzug antreten. Wahrscheinlich werden sie ein letztes Mal ehrfurchtsvoll das Stoffsäckchen schultern und ein paar Jahre ungesehen verharren, bis sie eines Tages erneut als Phönix aus der Asche steigen…
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