Esslingen – Es sollte eigentlich logisch sein, dass Unterwäsche gut sitzt. Dass sie bequem ist und nicht drückt. Dafür kann man selbst sorgen, mit der Wahl einer guten Passform. Aber so ist es oft nicht – und wenn man sich bewusst gegen Bequemlichkeit zugunsten der Optik entscheidet.
Aber die Dessous-Designer kommen den Frauen entgegen: Seit einigen Saisons liegt ihr Fokus auf mehr Bequemlichkeit bei zugleich hübscher und erotischer Optik. Experten in dem Modebereich wie Alexandra von Richthofen von dem Branchenmagazin «Textilwirtschaft» sprechen sogar von einer kleinen Revolution bei BHs. So werden etwa die Bügel in Schaumschalen gelegt. Auch kneifende Gummis sind mehr und mehr passé. Die Wäscheteile sind vermehrt aus weichen Materialien gefertigt, die sich der Körperform anpassen und kaum auftragen, erklärt Dessous-Designerin Katrin Recktenwald aus Esslingen am Neckar.
Außerdem muss die Optik stimmen: Das Slip-Bündchen ist etwa mit flacher Spitze so gearbeitet, dass der Abschluss kaum spürbar ist und sich nicht unter der Kleidung abzeichnet.
Aber nicht nur das: Nach und nach setzen viele Designer mehr Stoff ein. In der Saison Herbst/Winter 2016/17 wird diese Entwicklung fortgeführt: «Schon die Bademode war im Sommer zugeknöpfter als in den Vorjahren. Das knappe Bikini-Oberteil wurde vom Bustier abgelöst und hält nun Einzug bei der Unterwäsche», berichtet die Dessous-Designerin und -Maßschneiderin Claudia Specht aus Wiesbaden.
Auch von Richthofen vermutet, dass das Bustier zum Trend wird, betont aber: «Sie geben zwar einen guten Halt, sind für große Busen aber weniger geeignet.» Die Expertin sieht auch den sogenannten Spacer auf dem Vormarsch. Diese BH-Modelle haben nahtfreie Cups, sind besonders leicht, atmungsaktiv und versprechen einen angenehmen Tragekomfort.
Auch das Höschen gewinnt an Größe: «Der Taillenslip ist zurück, aber nicht als verpönter Liebestöter, sondern modisch neu interpretiert», sagt Recktenwald. Seine Form orientiert sich an der körperformenden Shapewear und kaschiert so kleine Röllchen. «Kombiniert mit einem tief dekolletierten BH sieht das spitze aus», meint Specht.
Besonders Taillenslips mit eingearbeiteter Spitze liegen im Trend: «In Frankreich und Italien sehen wir gerade sehr hoch geschnittene Höschen, deren Rückseite aus feiner, halbtransparenter Spitze gearbeitet ist», berichtet von Richthofen. Sie kann sich gut vorstellen, dass dieser Trend auch bald nach Deutschland schwappt.
Zumal die Designer in der Dessousmode in diesem Jahr viel mit Transparenz spielen – durch Spitze, Wäschetüll oder dem Einsatz von Rüschen. Häufig wird die Spitze mit anderen Stoffen kombiniert, um einen guten Tragekomfort zu gewährleisten. «Hierfür bieten sich stützende und elastische Materialien an, die als Innenmaterial des BHs dienen und außen mit Spitze oder Wäschetüll verziert werden», erklärt die Maßschneiderin Specht.
«Viskose, Modal und Hochleistungsmikrofasern kommen hierbei zum Einsatz», ergänzt Recktenwald. Und sie verweist etwa auf Höschen mit Spitzeneinsätzen in Dreiecksform oder BHs, deren Träger am Rücken über Kreuz führen und mit viel Spitze versehen sind. Kombiniert wird die Spitze außerdem gerne mit Musterungen: «Wir sehen auf den Unterhöschen viele vertikal aufgesetzte Nähte, die einen Kontrast zum eher großflächig verarbeiteten Stoff setzen und zugleich der Figur schmeicheln», erklärt Recktenwald.
Zur neuen dezenteren Verführung gehören auch die Farben: Die Dessousmode ist dezent. Recktenwald geht davon aus, dass neben den Basic-Farben Schwarz und Weiß sowie verschiedenen Champagnerabtönungen verstärkt Modelle in der Farbkombination Rosa und Hellblau nachgefragt werden. «Die absoluten Trendfarben des Sommers, Rose Quartz und Serenity, waren so präsent, dass ich vermute, dass sich das auch auf die Dessous überträgt.» Bei diesen so bezeichneten Tönen handelt es sich um ein Babyblau und -rosa.
Von Richthofen sieht zudem verschiedene Weißtöne mit leichtem Roséhauch in den Kollektionen. «Sie sind moderne Alternativen zu den viel verkauften Hautfarben wie Karamell oder Latte macchiato. Das knallige Rot bekommt Konkurrenz von kräftigen Pink-Tönen.»
Aufdrucke für die Unterwäsche sind bei Frauen filigran und sie halten sich an allgemeine Trends: «Gerne werden Spitze oder andere feste Maschenwaren auf den feinen Stoff aufgedruckt, aber wir sehen auch fotorealistische Motive», sagt Recktenwald. Bei den Männern wird es niedlicher: «Wir sehen Autos und Golfschläger sowie kleine Tiere oder Elefanten auf den Jersey-Boxershorts.»
Fotocredits: Speidel,Luna,Triumph,Jockey,Skiny,Palmers,Lascana,Chantelle
(dpa)
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