Berlin – Eine Pflegebedürftigkeit kann unerwartet eintreten – etwa wenn eine Person plötzlich stürzt. In einer solchen Situation brauchen Angehörige meist spontan frei, um die weiteren Schritte zu organisieren.
Aber dürfen Arbeitnehmer sich für die Pflege eines Angehörigen einfach freistellen lassen?
«Ja, das ist möglich», sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. «Wenn es erforderlich ist, weil eine akute Pflegesituation besteht, können Angehörige bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernbleiben».
In dieser Zeit können sie etwa eine erforderliche stationäre oder ambulante Pflege organisieren oder die Pflege selbst durchführen. In der Regel erhalten sie dann – vergleichbar mit einem unbezahlten Urlaub – in dieser Zeit kein Gehalt. Der Chef kann als Nachweis eine ärztliche Bescheinigung verlangen, die die Pflegebedürftigkeit beweist.
Manchmal entscheiden Arbeitnehmer aber auch, dass sie sich um einen pflegebedürftigen Angehörigen langfristiger kümmern wollen. «Pflegen Sie den Angehörigen zu Hause, haben Sie einen Anspruch auf vollständige Freistellung bis zu sechs Monate», sagt Meyer. Dies müssen sie mindestens zehn Tage vorher dem Chef schriftlich ankündigen. Der Chef muss der Freistellung zustimmen, wenn er mehr als 15 Beschäftigte hat.
«Der Arbeitgeber zahlt in dieser Zeit in der Regel kein Gehalt, aber die Pflegeversicherung des Arbeitnehmers oder die private Pflegeversicherung des Pflegebedürftigen tragen die Beiträge zu der fortbestehenden Sozialversicherung.» Vorsicht: Befristete Verträge verlängern sich nicht um die in Anspruch genommene Pflegezeit.
Will jemand einen Angehörigen häuslich pflegen und gleichzeitig in Teilzeit arbeiten, gilt etwas anderes: «Es besteht zwar grundsätzlich ein Anspruch auf eine teilweise Freistellung, den der Arbeitgeber aber bei dringenden betrieblichen Gründen ablehnen kann.»
Arbeitnehmer müssen mit ihrem Chef also eine Vereinbarung treffen. Weigert sich der Chef, muss der Arbeitnehmer auf teilweise Freistellung klagen. Hat der Arbeitgeber mehr als 25 Beschäftigte, dann ist nach dem Familienpflegezeitgesetz eine Reduzierung der Arbeitszeit für maximal 24 Monate möglich, wobei die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 15 Stunden betragen muss.
Fotocredits: T.Bomm
(dpa/tmn)
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