Sie hatte die Tafel Schokolade einer Kollegin gegessen und dafür die Kündigung erhalten – nach 37 Jahren. Das Arbeitsgericht Heidelberg entschied nun aber: Die Heilerziehungspflegerin darf ihren Job behalten. Mundraub ist kein Kündigungsgrund.
Am Ende kam es zu einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht. Die Heilerziehungspflegerin hatte sich gegen die Kündigung gewehrt. Zusammen mit ihrem Arbeitgeber, einer Internatsschule, einigte sie sich darauf, die Kündigung in eine Abmahnung umzuwandeln. Das Arbeitsverhältnis soll nun weiter bestehen bleiben.
Auch die Waschmaschine für private Wäsche genutzt
Im Raum standen noch weitere Vorwürfe. So soll die seit 37 Jahren in der Schule Beschäftigte wiederholt geklaut und gegen die Hausordnung verstoßen haben. Diese Anschuldigungen wies die Frau jedoch zurück. Ebenso nahm sie die Anschuldigung nicht hin, die Schul-Waschmaschine oft privat genutzt zu haben. Auch andere Kollegen hätten das getan, es sei vielmehr gängige Praxis im Kollegium seine eigene Wäsche bei der Arbeit mitzuwaschen, sagte sie.
Doch das Objekt des Interesses war in diesem Fall die Tafel Schokolade. Das Diebstahlobjekt hatte einen Wert von 2,50 Euro, wie das Arbeitsgericht feststellte. Weil die Summe so gering ist, kann man in diesem Fall von Bagatellkündigung sprechen. So nennt sich in juristischer Fachsprache eine Kündigung an Arbeitnehmern, die kleinere Vermögensdelikte am Chef begangen haben. Dahinter steht meistens der Wunsch, einen unliebsam gewordenen Arbeitnehmer loszuwerden, dem man durch betriebsbedingte Kündigungen nicht beikommen kann.
Langjährige Mitarbeit vs. geringer Wert des Diebesguts
Der Prozess um die Tafel Schokolade ist nicht der erste Fall, der für Aufsehen sorgt. In Hamburg behielt eine Krankenschwester ihren Arbeitsplatz, obwohl ihr wegen des Diebstahls von acht Brötchenhälften gekündigt worden war. Große Aufmerksamkeit bekam auch der Fall einer Kassiererin, die Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlug und deshalb die Kündigung erhielt. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ging als „Emmely-Entscheidung“ in die deutsche Arbeitsrechtsgeschichte ein. Das BAG legte damit für die Fälle von Diebstahl von Gegenständen geringen Wertes fest, dass immer auch eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen ist. Meisten gilt dabei: Langjährige korrekte Mitarbeiter muss der Chef bei Mundraub erst abmahnen, bevor er ihnen kündigt.
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