Berlin (dpa/tmn) – Haben Arbeitnehmer vor Einführung des Mindestlohns einen Stundenlohn von 3,40 Euro bekommen, ist das sittenwidrig. Auch im Nachhinein müssen sie das nicht akzeptieren, sondern können vom Arbeitgeber einen angemessenen Lohn verlangen. Darauf weist der Deutsche Anwaltverein hin.
In dem verhandelten Fall hatte das Jobcenter von 2011 bis 2014 einer Arbeitnehmerin Leistungen zur Grundsicherung gezahlt. Die Frau arbeitete als Auslieferungsfahrerin für eine Pizzeria. Sie erhielt durchgängig pauschal 136 Euro bei einer vereinbarten Arbeitszeit von etwa 35-40 Stunden pro Monat.
Das Jobcenter machte geltend, die Vergütung der Frau sei sittenwidrig niedrig. Bei Zahlung der üblichen Vergütung wären geringere Leistungen an Grundsicherung angefallen, weshalb der Arbeitgeber diese Differenz zu erstatten hat.
Der Arbeitgeber muss die Differenz zahlen, entschied das Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Az.: 15 Sa 2258/15). Es verurteilte ihn zur Zahlung von 5744,18 Euro für die Jahre 2011 bis 2014. Bei dem sich ergebenden Stundenlohn von 3,40 Euro handele es sich um einen Hungerlohn. Selbst bei unterstellter Vollzeittätigkeit werde ein Einkommen erzielt, von dem man nicht leben kann.
Die Vereinbarung von Hungerlöhnen sei sittenwidrig und unwirksam. Die übliche Vergütung ergebe sich aus den Feststellungen des Statistischen Landesamtes. Für das Jahr 2011 gelte ein Stundenlohn von 6,77 Euro, der sich bis zum Jahr 2014 auf 9,74 Euro steigere.
Fotocredits: Federico Gambarini
(dpa)
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