Es ist weiß Gott keine neue Erkenntnis, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Folgt man dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, liegt der Stundenlohn von Frauen im Durchschnitt um gut ein Fünftel (22 Prozent) unter dem von Männern. Berücksichtigt man, dass Frauen häufiger in Teilzeit angestellt sind als Männer, wächst die Differenz schon auf 37 Prozent. Aber selbst das ist noch nicht die ganze Wahrheit.
Neue Berechnung enthüllt alte Ungerechtigkeiten
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat nun eine neue Berechnung angestellt, in der neben dem Arbeitseinkommen auch Spitzenverdienste, Unternehmensgewinne, Kapitalerträge, Mieteinnahmen und Steuerbelastungen berücksichtigt werden. Das beschämende Ergebnis: Frauen kommen auf knapp die Hälfte des Bruttoeinkommens ihrer männlichen Kollegen!
Zwar bezieht sich das DIW in seiner Studie auf die Lohn- und Einkommenssteuerstatistik aus dem Jahr 2007, da neuere Daten nicht verfügbar seien. Aber das Institut betont, dass sich die aktuelle Einkommensverteilung nicht signifikant von der damaligen unterscheidet. Wichtig sind die Daten deshalb, weil neben dem Arbeitseinkommen auch Informationen zu weiteren wichtigen Faktoren in die Berechnung einfließen können. Im Einzelnen sind dies: andere steuerpflichtige Einkünfte, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, steuerlicher Familienleistungsausgleich, Soli sowie Abzugsbeträge von der Steuerschuld.
Spitzeneinkommen vergrößern den Abstand
Laut DIW sind gerade Faktoren, die in herkömmlichen Auswertungen keine Rolle spielen, für die riesige Differenz verantwortlich: Unternehmens- und Vermögenseinkünfte sowie besonders hohe Einkommen. Bei den Spitzenverdienern beispielsweise konnten rund 46.000 Männer im Jahr 2007 ein Bruttoeinkommen von 500.000 Euro oder mehr vorweisen. Frauen dagegen gibt es in dieser Statistik so gut wie gar nicht – gerade mal 7.000 Frauen kamen auf einen solchen Verdienst. Ähnlich die Situation bei den Unternehmensgewinnen: 30.000 Männer, aber nur 15.000 Frauen konnten einen entsprechenden Verdienst einstreichen. Und bei den Kapitalerträgen war das Verhältnis 5.000 zu 3.000.
Natürlich spielt die Wochenarbeitszeit bei diesen Unterschieden eine gewisse Rolle: Vier Fünftel aller deutschen Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. 48 Prozent aller Frauen arbeiten in Vollzeit, aber 85 Prozent aller Männer. Außerdem sind die Berufswahl sowie durch die Familie bedingte Unterbrechungen in der Karriere von Frauen wichtige Faktoren. Zudem kann das Ehegattensplitting diese Ungleichbehandlung noch verschärfen, da die Frau – in Relation zu ihrem Einkommen – eine größere Steuerlast schultert als der Mann. Aber auch die Berücksichtigung all dieser Punkte kann die Verdienst-Diskrepanz nicht gänzlich klären. Es bleibt ein Rest, der sich nur als Ausdruck einer männlich dominierten Unternehmenskultur und somit einer Benachteiligung von Frauen deuten lässt.
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