München – Schwarz gilt als die Trauerfarbe. Wer zu einer Beerdigung muss oder im engsten Familienkreis einen Trauerfall hat, steht aber meist vor der Frage: Ist das immer noch so streng? Kann ich nicht auch andere Farben tragen? Und wie lange sollte ich schwarz tragen, nachdem mein Partner verstorben ist?
Der Seelsorger Christian Fleck vom Bundesverband Trauerbegleitung vollzieht jede Woche Beerdigungen und spricht mit Angehörigen. Er stellt in der Tat Veränderungen fest.
Warum gibt es die Tradition, zu einer Beerdigung schwarze Trauerkleidung?
Fleck: Schwarze Kleidung hatte zunächst nichts mit Trauer zu tun. Sondern farblich unbehandelter Stoff – also grau oder beige – war günstiger, gefärbte Kleidung teurer. Die teuerste Farbe war ins Schwarz kippendes Dunkelviolett. Das Schwarze hat dann später im gesellschaftlichen Kontext – als der schwarze Anzug – eine Bedeutung bekommen, weil das sich nicht jeder leisten konnte. Dass Schwarz sich dann als Trauerfarbe in Europa und Amerika eingebürgert hat, hat wohl auch damit zu tun: Es geht darum, den Verstorbenen zu ehren, sich also für die Beerdigung feierlich anzuziehen.
Ist das heute noch zeitgemäß?
Fleck: Ich erlebe, dass die Menschen weiterhin versuchen, sich schwarz zu kleiden. Oftmals ist es aber so, dass man einfach das nimmt, was man schon zur Verfügung hat und sich nicht mehr komplett in neue Kleidung stürzt, wie das in manchen Gesellschaftsschichten früher der Fall war. Man merkt auch, dass es für manche ungewohnt ist, im schwarzen Anzug herumzulaufen. Was man aber auch merkt, ist, dass es immer individueller wird – weil eben diese gesamtgesellschaftlichen Vorgaben in der Form nicht mehr greifen.
Kommt also auch farbige Kleidung in Frage?
Fleck: Ich kenne einen Fall, bei dem gewünscht wurde, dass man zur Beerdigung Dunkelrot trägt – die Lieblingsfarbe der verstorbenen Person. Oder manche Leute wünsche sich schon testamentarisch, wie man sich anziehen soll. Oder man verbittet sich ausdrücklich das Schwarze. Aber ich weiß aus eigener kindlicher Erfahrung, dass im dörflichen Kontext die Leute immer sehr viel Arbeit damit hatten, die Familie ordentlich und dunkel zu kleiden – auch für die Erwartungshaltung der anderen. Das ist heute manchmal noch so.
Wenn ich nun einen entfernen Bekannten ehren möchte und nichts von den Wünschen dessen oder der Angehörigen weiß, was trage ich?
Fleck: Ich würde erst mal meiner Intuition vertrauen. Wenn man nichts falsch machen möchte, kann man sich mit schwarzer Kleidung Sicherheit geben. Viele greifen zu gedeckten Farben oder vermeiden besonders grelle Farben, um auf die Situation der nächsten Angehörigen einzugehen, um sich unauffällig zu verhalten und nicht die Menschen mit Kleidung vom eigentlichen Thema abzulenken.
Nahe Angehörige trugen früher für eine Trauerzeit dunkle Kleidung. Warum kann das heute noch hilfreich sein?
Fleck: Das ist heutzutage ziemlich individuell. Jeder muss schauen, was ist für ihn stimmig. Ein Vorteil – historisch gesehen – ist, dass die dunkle Kleidung für einen Trauernden auch dafür stehen kann, dass er sich aus dem Normalbetrieb rausnimmt. Andere wissen durch das Signal, man kann nicht die üblichen Erwartungen an ihn haben. Zum Beispiel in einer Dorfgemeinschaft, dass jemand, der üblicherweise bei Veranstaltungen dabei sein müsste, eine Zeit lang weniger machen möchte. Das war früher der Zweck, und kann es auch noch heute sein.
Sollte ich als Trauernder diesen Schutz auch suchen?
Fleck: Das ist ganz verschieden. Ich muss für mich schauen, was passt. In manchen Fällen ist es sinnig, dass man sich zurückziehen kann. Und in manchen Fällen ist der Normalbetrieb des Lebens ein Geländer, an dem man sich festhalten kann. Es ist daher ein Vor- und Nachteil, dass die gesellschaftliche Außenerwartung gewaltig zurückgegangen ist. Die festen Regeln sind heute nicht mehr so greifbar. Aber ich kann sie trotzdem für mich in Kraft setzen, wenn ich das für brauchbar halte.
Kann man das nicht auch auf die Beerdigung übertragen: Man sollte als nächster Angehöriger das tragen, was sich in dem Moment richtig anfühlt und nicht auf die Meinung der anderen achten?
Fleck: Durchaus. Aber wenn mich das wirklich beschäftigt, was die anderen sagen könnten, dann komme ich da auch nicht raus. Und Leute, die dem Verstorbenen eben nicht so nah standen wie die nächsten Angehörigen, die schauen gerne, wo sie sich zurücknehmen und unauffällig sein können.
Fotocredits: Sebastian Willnow
(dpa/tmn)
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